Die Absicht im Artikel „Einleitung zum Konfliktmanagement und Definition der Selbstbehauptung„ war zu zeigen, dass die Selbstbehauptung die ideal passende Haltung in einer schwierigen und/oder Konfliktsituation ist. Es handelt sich hier darum, die praktische Anwendungsmöglichkeit der Selbstbehauptung durch zwei konkrete Beispiele zu untersuchen, und zwar: das Abmahnungsgespräch und die Frühpensionierung.
ANWENDUNGSBEISPIEL: DAS ABMAHNUNGSGESPRÄCH
Die Abmahnung ist eine unangenehme, aber manchmal notwendige Handlung, wenn der Mitarbeiter etwas versäumt hat oder sich von der von den organisatorischen Zielen diktierten Richtlinie entfernt hat. Konkret gesagt, muss der Verweis infolge von zwei verschiedenen Situationen ausgesprochen werden: 1) im Fall eines Fehlers oder 2) im Fall von Nicht-Ausführung einer verlangten Arbeit. In beiden Situationen wird viel Gewicht auf das Feedback gelegt und auf die Art wie dies übermittelt wird.
Bei einem Abmahnungsgespräch ist es angebracht, zusätzlich zur Annahme einer Haltung der Selbstbehauptung, gewisse Grundprinzipien zu respektieren, wie:
- Die Selbstachtung der Person zu bewahren
- Zuhören/mit Empathie antworten
- Im Detail den Fehler/die schlechte Angewohnheit/die schlechte Leistung beschreiben
- Seine eigene Besorgnis zum Ausdruck bringen
- Den Mitarbeiter um die Angabe der Gründe für sein Verhalten bitten und aufmerksam zuhören
- Die Wichtigkeit der Änderung der Situation unterstreichen und um treffende Vorschläge bitten
- Jede Idee besprechen und Hilfe anbieten
- Über zu ergreifende Maßnahmen übereinkommen und ein Datum für die Folge festlegen.
Auf alle Fälle wird man aufpassen, anhand des Feedbacks, die Fakten von den emotionalen und selbstbezogenen Aspekten der Beziehung zu trennen. Die Anwendung von Tools wie die „DESC“ Methode (Abbildung) oder aktives Zuhören (Definition) ist deshalb besonders geeignet.
ANWENDUNGSBEISPIEL: DAS FRÜHPENSIONIERUNGSGESPRÄCH
Grundsätzlich ist die Pensionierung eines Mitarbeiters, der das gesetzliche Alter erreicht hat, ein Verwaltungsakt, der kein wirkliches operatives oder zwischenmenschliches Problem darstellt. Der Mitarbeiter kann über seine Versetzung in den Ruhestand enttäuscht, erleichtert oder es kann ihm gleichgültig sein. Doch im Allgemeinen kommen sowohl der Arbeitgeber wie auch der Mitarbeiter in dieser Situation und den Konsequenzen die daraus entstehen auf ihre Kosten. Das Gespräch, das aus dieser Situation entsteht, sollte sich deshalb ohne große Schwierigkeiten, für die eine wie auch für die andere Partei abwickeln.
Im Fall einer Frühpensionierung ist die Situation ganz anders. Diese kann wohl zur Unzeit geschehen, und infolgedessen den Arbeitgeber oder den Mitarbeiter stark verunsichern. Um unerfreuliche Konsequenzen zu begrenzen (und sogar, wenn möglich, auszuschließen), wird man sich vor allem bemühen, die Regeln betreffend die Führung schwieriger Gespräche zu respektieren, die das Durchsetzungsvermögen stark beanspruchen werden:
- Die Fakten auf ruhige und prägnante Art darlegen (den Feststellungsbescheid sowie die Ursachen des Problems); das Problem und die Person getrennt betrachten (das Problem ist nicht die Person, sondern die Situation)
- Die Person dazu ermutigen, was sie empfindet auszudrücken (im Rahmen des Möglichen)
- Keine Ratschläge erteilen, auch wenn man bedauert, eine solche Nachricht bekannt geben zu müssen
- Das Gespräch nicht unnötig verlängern, aber dem Mitarbeiter versichern, dass man ihm für die praktischen Angelegenheiten zur Verfügung steht
Viele Praktiker sind sich einig, dass ein Frühpensionierungsgespräch oft schwieriger zu führen ist als ein Kündigungsgespräch!
Der Artikel „Gesprächsführungstechniken zur Behandlung von Konflikten“ stellt Ihnen ein paar Techniken vor, die bei der Anwendung der Prinzipien der Selbstbehauptung in schwierigen Situationen helfen können.