Individuelles Coaching im Unternehmensbereich: Definition, Methodik und Coachingdauer

Von Liliane Held-Khawam, Autor des Buches „Management by Coaching: Coping with Complexity in a Changing World“. 

Was ist betriebliches Coaching überhaupt?

Es gibt so viele Definitionen von Coaching, wie es Coachs gibt. Unsere Definition von individuellem Coaching könnte wie folgt lauten:

„Die Begleitung eines Mitarbeiters (Betriebsleiter, Manager oder Angestellter) bei der Verwirklichung seines beruflichen Projekts, indem seine Selbstverwirklichung und seine Work-Life Balance gleichzeitig gefördert werden.“

Die Herausforderung ist enorm, doch kann dieses ziel erreicht werden: es geht eigentlich darum, den Gecoachten zu ermutigen, sich gleichzeitig auf beruflicher und persönlicher Ebene zu verwirklichen.

Betriebliches Coaching zielt auf das Übertreffen von sich selbst im Sinne einer harmonischen, immer tiefer werdenden Äußerung seiner Persönlichkeit und Kompetenzen. Die qualitative Dimension des Daseins wird vor der quantitativen Dimension Vorrang haben. Aktionismus sollte dagegen als eine negative Ableitung der persönlichen und beruflichen Verwirklichung angesehen werden.

Es gibt also einen wesentlichen Unterschied – und sogar eine tiefe Opposition – zwischen den folgenden Haltungen:

  1. die Person dazu bringen, ihre menschliche Dimension und ihr Potenzial am Arbeitsplatz besser ausdrücken zu können
  2. die Person auf obsessive Art und Weise auf die konstante Steigerung ihrer Leistung anzuspornen, damit sie zum „Meister“ wird

Es lohnt sich, den Unterschied zwischen betrieblichem Coaching und Coaching in Leistungssport zu betonen, denn sowohl die zu anwendenden Methoden wie auch die angestrebten Endziele sehr unterschiedlich sind. Man kann sogar behaupten, dass Begriffe wie „Champion“, „Rekord“, „Medienauftritte“, „sich stets übertreffen“, usw., die im Sport angestrebt sind, beim betrieblichen überhaupt nicht wünschenswert sind. Diese Notionen können eigentlich für das Berufsleben gefährlich sein und, auf Zeit gesehen, sogar das Weiterbestehen der Organisation bedrohen. Tatsächlich kann Wettbewerb unter Kollegen die Ursache für eine Beschädigung des Sozialklimas sein, wohl eines der wichtigsten qualitativen Elemente im Leben des Unternehmens.

Es ist also sehr wichtig, die Ziele und Methoden jedes Coaching-Prozesses von Anfang an klar zu stellen. Diese sind die zwei Hauptachsen, die wir in den folgenden Kapiteln weiter entwickeln werden.

Die Ziele eines betrieblichen Coaching-Prozesses

Das Hauptziel eines Coaching-Prozesses besteht darin, eine Person bei der Klarstellung ihrer Positionierung gegenüber ihrem Berufsleben oder einem spezifischen Projekt zu begleiten. Die Kernfrage für den Gecoachten läutet: „Welche Rolle soll ich durch mein Projekt und meine Verantwortungen übernehmen?“.Diese Rolle kann auf zwei Teile unterteilt werden und besteht aus:

  • Einer quantitativen, beruflichen Ebene, die aus einer Aktivitätsflut besteht, für die der Gecoachte verantwortlich ist. Diese Rolle kann sich sowohl auf eine gegenwärtige wie auf eine künftige Tätigkeit beziehen (z.B.: bei der Gründung eines Unternehmens oder während einer beruflichen Mobilität). Dieser Teil kann leichter behandelt werden, denn er bezieht sich auf eine technische Dimension.
  • Einer qualitativen, persönlichen Ebene, in Bezug auf die der Gecoachte dazu gefördert wird, sich als Mensch mit seiner Identität, seinen Werten und seinen Kompetenzen gegenüber einer Gruppe zu positionieren. Diese Achse ist selbstverständlich von wesentlicher Bedeutung für Führungskräfte und Kaufleute. Auch wenn diese Bedeutung mit dem Verantwortungsniveau wächst, betrifft sie auch die Grundmitarbeiter.

Nehmen wir das Beispiel eines Schienenlegers, er hat:

  1. Eine funktionelle Rolle – und zwar: Schienen legen
  2. Eine qualitative Rolle in Bezug auf die Sicherheit aller Reisenden, die die Schienen nutzen werden. Diese Person muss sich also ihrer Verantwortung bewusst sein.

Das Ziel des Coaching besteht also darin, die berufliche Rolle der Person klar zu stellen, unter Berücksichtigung deren technischen und menschlichen Komponenten.

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