Assessment Center durchführen – Beispielübungen – Rollenspiel – Checkliste

Ein Assessment Center besteht darin, das Potenzial eines Mitarbeiters oder eines Bewerbers zu analysieren, indem dieses mit Situationen des beruflichen Lebens konfrontiert wird, durch Simulationen (z.B. Rollenspiele), praktische Übungen und Potenzialanalyse-Tools.

Es zielt darauf ab, traditionellere Personalentwicklungstools – wie z.B. Beurteilungsgespräche (Richtlinien) oder die Selbsteinschätzung – zu vervollständigen, um die Qualität des HR-Entscheidungsfindung in Sache Personalauswahl zu verbessern. Diese Annäherung wird u.a. im (inneren oder äußeren) Einstellungsprozess, sowie in der Karriereplanung (Mobilität, Mitarbeiterentwicklung…) verwendet.

Dieser Prozess war lange Zeit für die „hohen Potenziale“ (z.B. Hochschulabsolventen) und das Top Management reserviert. Doch wird jetzt dessen Anwendung auf eine große Anzahl von Mitarbeitern ausgeweitet, unabhängig von deren hierarchischen Position. Es soll noch hervorgehoben werden, dass in manchen Unternehmen, dieser Prozess auf die Initiative eines Mitarbeiters folgen kann und von ihm im Rahmen seiner Ausbildungsbedürfnisse oder seines Persönlichkeitsentwicklungs-Plans verwendet werden kann.

TOOLS

Assessment Centers stützen sich auf hochstrukturierte Bewertungsprozesse und Tools; dazu enthalten alle Übungen für Rollenspiele zwei Blätter: eines für den Mitarbeiter (bzw. den Stellenbewerber) und das andere für den Beobachter.

1. Zusammenfassung des vorhergehenden Qualifikationsgesprächs (Muster): Dieses Dokument erlaubt, am Anfang des Bewertungsprozesses, den Zugang des Bewerbers zum Assessment Center zu validieren. Es muss vom HR-Manager während des ersten Gesprächs ausgefüllt und dann dem AC-Verantwortlichen übermittelt werden. Dieser wird es dann an alle Bewerter vor dem Beginn des Assessment Centers weiterleiten, damit diese über die nötigen allgemeinen Daten des Mitarbeiters / des Stellenbewerbers verfügen.

2. Anforderungsprofil der Schlüsselkompetenzen für die Stelle (Muster): Dieses Tool wird oft vergessen, doch spielt es eine wesentliche Rolle für den Erfolg des Assessment Centers, indem es eine genaue Bestimmung der Auswahlkriterien gibt, die zum Anforderungsprofil der Stelle gehören (technische, berufliche und Sprachkenntnisse, Erfahrung, Know-How, Verhaltenskompetenzen, Werte, usw.). Es wird auch dadurch klar, welche Tools zur Beurteilung jeder Schlüsselkompetenz eingesetzt werden sollen.

3. Validierte und kalibrierte Potenzialanalyse-Tools (Beurteilungsgespräch): Diese Tests sollen die objektiven und sachbezogenen Grundlagen legen, die es erlauben werden, das Beurteilungsgespräch zu orientieren und strukturieren und einen Vergleich mit der Referenztabelle zu ermöglichen. Es soll noch hervorgehoben werden, dass damit sie als zuverlässig betrachtet werden können, diese Fragebogen auf eine bestimmte (z.B. die deutsche oder schweizerische) Bevölkerung geeicht und validiert werden sollen. Sie sollen auch das Testaufrichtigkeits-Niveau sowie die Zustimmung des Stellenbewerbers messen.

4. Vorstellungsübung (Muster): Es handelt sich um ein Rollenspiel in dem dem Bewerber ein Blatt übergeben wird, das ihn über eine konkrete Situation unterrichtet. Er muss diese verstehen, deren Hauptelemente extrahieren und diese rasch analysieren, um seinem Manager eine Lösung anzubieten.  Die beschränkte Vorbereitungszeit soll den Bewerber etwas unter Druck setzen, damit gewisse Auswahlkriterien (s. der „Anforderungsprofil“ im Punkt 2) beurteilt werden können, wie z.B. das Verstehen der „Key Issues“ des Unternehmens, das Selbstvertrauen oder die Verwendung von Kommunikationstechniken (wie aktives Zuhören, zum Beispiel).

5. Rollenspiele (Muster): Diese Übung funktioniert genau wie die vorige. Der Unterschied liegt darin, dass der Bewerber diesmal mit einer anderen Person (einem Kollegen, Mitarbeiter, Kunden…) konfrontiert wird und nicht mit schriftlichen Angaben. Auch hier soll die beschränkte Vorbereitungszeit etwas Druck setzen, damit gewisse Auswahlkriterien geprüft werden können. Es kann sich zum Beispiel um die folgenden Verhaltenskompetenzen handeln: Selbstvertrauen, Charisma und Einfluss auf  andere, Eigeninitiative, Kommunikationsfähigkeit oder noch Verhandlungsgeschick.

6. Fragen und Antworten Übungen – strukturiertes Gespräch (Muster): Diese Übung läuft unter der Form eines strukturierten Gesprächs, in dem der Beobachter eine Reihe von Fragen stellt, die es dem Bewerber erlauben sollen, sich über berufliche Angelegenheiten auszudrücken, die sich auf die betreffende Stelle beziehen. Das Hauptziel dieser Übung besteht darin, den Stellenbewerber sich ausdrücken zu bringen, damit gewisse Auswahlkriterien beobachtet werden können. Es kann sich zum Beispiel um die folgenden Kriterien handeln: aktives Zuhören (Methodik), Marktorientierung, berufliche Kenntnisse, Kenntnis des Unternehmens, usw. Diesmal soll der Zeitdruck erlauben, zu überprüfen, ob der Bewerber mit Kohärenz antwortet und ob sein Stresswiderstandsniveau gut ist.

7. Individuelle Bewertungstabelle (Muster): Dieses Blatt wird zum Erstellen der Synthese der gesamten Beobachtungen der Bewerter benutzt. Jeder Beobachter gibt individuell seine Einschätzungen eines jeden Bewerbers an.

8. Gesamtbewertungstabelle (Muster): Schlussendlich werden die individuellen Beobachtungen zum Punkt 7 ausgetauscht, gemeinsam besprochen und in einem einzigen Blatt gesammelt. Dies erlaubt, einen Gesamtblick über den ganzen Prozess zu erwerben, und die Bewertung der Bewertungen – wenn nötig – zu verschärfen. Dieses Blatt soll von der Gesamtheit der Bewerter unterschrieben werden.

PRAXIS

Die Durchführung eines Assessment Centers (Abbildung) ist nicht vom Rest der Unternehmensprozesse getrennt. Dieses Postulat ist von Bedeutung, denn es zeigt, dass ein Assessment Center nie als ein Ende in sich selbst anzusehen ist.

Ein solcher Prozess soll dennoch in der Kultur und den Werten des Unternehmens tief verwurzelt sein. Auf Basis dieser Elemente wird die Aufgabe bestimmt werden können, um den Rahmen anzugeben in dem das Assessment Center durchgeführt wird. Die im angehängten Dokument beschriebenen Etappen sind für jedes Assessment Center dieselben, unabhängig von der Natur der betreffenden Stelle. Nur der Inhalt der Übungen, sowie gewisse Bewertungskriterien werden an dem Anforderungsprofil der Stelle angepasst werden müssen.

Ein anderer wichtiger Punkt ist, dass die Referenzprofile, die in der Referenztabelle der Schlüsselkompetenzen erarbeitet werden müssen (s. Punkt 2), auf verschiedene Arten bestimmt werden können, wie zum Beispiel:

  • ​Von einer einzelnen Person (dem Manager oder direkten Vorgesetzten)
  • Von einer Gruppe (Kollegen / Kunden / Lieferanten)
  • Durch eine statistische Analyse der gesamten Bevölkerung der Personen, die dieselbe Tätigkeit ausüben. Dies wird erlauben, die Schlüsselkompetenzen zu identifizieren, die für die Stelle besonders wichtig sind. (Das ist möglich, indem die Datenbank eines kalibrierten und validierten Potenzialanalyse-Tests verwendet wird, s. Punkt 3).

Schlussendlich soll noch hervorgehoben werden, dass ein Bewertungsprozess eine komplexe Kommunikationssituation darstellt. Diese beruht hauptsächlich auf einer Reziprozität des Austausches und impliziert die folgenden Werte:

  • Respekt vor Anderen
  • Aktives Zuhören

Die Mission des Bewerter könnte also wie folgt definiert werden:

  • Im Rahmen des Assessment Centers, die Verhaltenskompetenzen jedes Stellenbewerbers bewerten, indem seine Stärken und Schwächen in Bezug auf ein bestimmtes Stellenprofil identifiziert werden, damit die zur Verfügung stehenden humanen Mittel optimiert werden können und das Unternehmen dauerhaft erfolgreich gemacht werden kann.
  • Zu diesem Zweck soll eine aufrichtige, respektvolle und offene Haltung gezeigt werden, um den Dialog zu fördern und dabei die Vertraulichkeit der ausgetauschten Informationen zu gewährleisten.
BEISPIELE

Hier sind außerdem Beispiele von Werten, die auf ein Assessment Center (AC) angewendet werden können:

  • Ethik
  • Transparenz
  • Professionalismus
  • Potenzialentwicklung
  • Vertraulichkeit
  • Gewinner-Gewinner Verhältnis
  • Integration des Assessment Centers in die Unternehmensstrategie

Aus diesen Werten kann die folgende Mission für die Durchführung von Assessment Centers abgeleitet werden:

  • Das Ziel des Assessment Centers ist, unserem Unternehmen damit zu helfen, seine Wettbewerbsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt zu steigern und sein Weiterbestehen zu sichern.
  • Dieses Tool soll für alle Einstellungen, Versetzungen und Beförderungen verwendet werden, sowie für alle Personalentwicklungsprozesse und Selbstbeurteilungen. Es kann auch zur Entwicklung des Kompetenzniveaus in gewissen Abteilungen (z.B. Leitung, Finanz, Sales, Personal, usw.) dienen und soll als Mittel zur Förderung der Mitarbeiter-Loyalität benutzt werden.
  • Schlussendlich soll dieses Tool unbedingt mit dem erwarteten Professionalismus behandelt werden. Die Bewerter sollen gut ausgebildet sein, eine klare Ethik sowie einen von Transparenz und Vertraulichkeit geprägtem Respekt zeigen, und immer eine Gewinner-Gewinner Orientierung beibehalten.

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